Im Schatten: Die zweite Miete unter dem Mietendeckel
Wohnraum ist besonders in Ballungszentren und beliebten Wohngegenden knapp. Das ist kein Geheimnis. Um bei der stetig steigenden Nachfrage das Mietenniveau auf einem bezahlbaren Level zu halten, lassen sich Städte und Kommunen verschiedene Maßnahmen einfallen. Der Mietendeckel in Berlin ist eine dieser Maßnahmen. Eine Nebenerscheinung ist in diesem Zusammenhang das Entstehen einer Schattenmiete.
Was es genau bedeutet, wenn von einer Schattenmiete gesprochen wird und welche Auswirkungen einen solche haben kann, betrachtet der nachfolgende Ratgeber näher. Des Weiteren befasst er sich mit der Bedeutung des Mietendeckels für die Entwicklung von Schattenmieten und welche Möglichkeiten Mieter in einem solchen Fall haben.
Das Wichtigste zur Schattenmiete
Bei einer Schattenmiete handelt es sich um einen zweiten höheren Mietpreis, der im Mietvertrag vereinbart wird. Dieser kommt beispielsweise dann zur Anwendung, wenn eine Verfassungswidrigkeit des Gesetzes zum Mietendeckel besteht. Oftmals finden sich in den Verträgen auch Klauseln, welche die Differenz zwischen dem derzeitigen Mietpreis und dem zweiten Betrag rückwirkend fordern.
Es ist derzeit nicht ausdrücklich untersagt, einen Mietpreis zu vereinbaren, der wirksam wird, falls das Gesetz für unwirksam erklärt wird. Vermieter können sich also entsprechend absichern. Nicht geklärt ist, ob die Differenz rückwirkend gefordert werden kann und ob die Nichtzahlung zu einer Kündigung führen kann.
Mieter sollten gut überlegen, ob sie sich die höhere Miete leisten können. Ist dies nicht der Fall, könnte das im Falle einer Aufhebung des Gesetzes zu erheblichen Problemen bei der Mietzahlung führen. Ist der höhere Betrag machbar, sollte die Differenz angespart werden. Darüber hinaus können Mieter solche Mieten auch an die zuständigen Behörden melden.
Inhaltsverzeichnis
Was ist unter einer „Schattenmiete“ zu verstehen?
Wer eine bezahlbare Wohnung finden möchte, hat es in nicht gerade wenigen Regionen Deutschlands oftmals schwer. Auf eine Wohnung gibt es besonders in den Städten häufig hunderte Bewerbungen und es sind dann Details, die über den Zugschlag entscheiden.
Sind potentielle Mieter dann bereit einen Schritt weiter zu gehen als andere, erhöhen sich die Chancen. Wer sich das nicht leisten kann, hat dann das Nachsehen. Eine Methode, dies sich besonders unter dem Mietendeckel zu etablieren scheint, ist die sogenannte Schattenmiete.
Ein Gesetz zum Mietendeckel gibt es seit Februar 2020 in Berlin. Das Gesetz zur Mietenbegrenzung im Wohnungswesen (MietenWoG) besagt, dass Mieten auf einem bestimmten Stand des festlegten Stichtags stehen bleiben. Mieten für Mietverträge, die nach diesem Stichtag geschlossen wurden, dürfen gesetzliche definierte Obergrenzen nicht überschreiten.
Bestimmt ist dies sowohl in § 3 MietenWoG:
Vorbehaltlich der nachfolgenden Regelungen ist eine Miete verboten, die die am 18. Juni 2019 (Stichtag) wirksam vereinbarte Miete überschreitet.
als auch in § 4 MietenWoG:
Wird Wohnraum nach Inkrafttreten dieses Gesetzes wieder vermietet oder wird Wohnraum, der zuvor noch nie als Wohnraum vermietet war, erstmalig vermietet, ist unbeschadet der Regelungen des § 3 für dieses und alle nachfolgenden Mietverhältnisse eine Miete verboten, welche die Mietobergrenzen überschreitet […]
Um dieser Deckelung zu entgehen, versuchen Vermieter sich abzusichern. Das liegt auch daran, dass das Gesetz derzeit beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) geprüft wird und Vermieter durch den Einsatz einer Schattenmiete im Falle eines Urteils gegen das Gesetz etwaige höhere Mietbeträge einfordern wollen.
Eine Schattenmiete wird üblicherweise im Kleingedruckten des Mietvertrags untergebracht. Dabei handelt es sich um einen höheren Betrag, der in der Regel den Marktwert der Wohnung darstellt. Mieter verpflichten sich, diesen dann zu zahlen, falls der Mietendeckel durch das Verfassungsgericht gekippt werden sollte. Im Prinzip werden also zwei Mieten vereinbart, von denen eine die derzeit zu zahlende ist und eine weitere, welche zur Anwendung kommt, wenn es die gesetzlichen Gegebenheiten zulassen.
Oftmals finden sich in den Mietverträgen dann Klauseln, die daraufhin weisen, dass die Differenz zwischen beiden Beträgen nachzuzahlen ist, sofern das Gesetz für nichtig erklärt wird. Das bedeutet also, die höhere Miete würde rückwirkend zur Anwendung kommen, was viele Mieter dann vor Problemen stellen könnte. Allerdings haben Mieter oftmals keine andere Möglichkeit, als den Vertrag so anzunehmen, wenn Sie in bestimmten Preisklassen eine Wohnung finden wollen.
Oft vergeben Vermieter die Wohnung auch nur noch an Mieter, die sich auch den höheren Preis leisten können. Damit haben Mieter, für die zwar der niedrige Pries machbar ist, der höhere dann aber nicht mehr, kaum eine Möglichkeit, eine Wohnung anzumieten. Doch ist so ein Vorgehen überhaupt zulässig?
Dürfen Vermieter eine Schattenmiete vereinbaren?
Eine Entscheidung des Verfassungsgerichts ist derzeit noch nicht abzusehen. Rechtlich steht es Mietern und Vermietern frei, Bedingungen in den Mietvertrag aufzunehmen. Sofern Mieter derzeit tatsächlich nur die gesetzlich gedeckelte Miete zahlen müssen und dies im Vertrag auch so formuliert ist, befinden sich Vermieter in einer Grauzone. Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht in einer Entscheidung bezüglich eines Eilantrags entschieden, dass Vermieter sich durchaus absichern und höhere Mieten versprechen lassen können (BVerfG, Beschluss vom 10. März 2020 – 1 BvQ 15/20).
Im Klartext heißt das, dass es Vermietern nicht direkt untersagt ist, für den Zeitpunkt nach der Entscheidung des BVerfG, eine Schattenmiete zu vereinbaren. Ob dies jedoch auch als Begründung gilt, wenn Mieter gegen solche Klauseln vorgehen, ist abschließend nicht geklärt. Das Verbot, welches im MietenWoG erklärt ist, kann nach Auslegung einiger Behörden auf jegliche Mieten und eben auch zukünftige angewendet werden. Mieter haben die Möglichkeit, solche Mieten bzw. Klauseln an die zuständige Behörde zu melden.
Ebenfalls nicht definiert wurde vom BVerfG, ob eine rückwirkende Geltendmachung der Schattenmiete zulässig ist. Ob Vermieter die Differenz dann rückwirkend verlangen dürfen, steht derzeit also nicht fest. Bis das Verfassungsgericht zum Mietendeckel entschieden hat, sollten sich Mieter damit befassen, den Differenzbetrag zur Seite zu legen, wenn sie den Vertrag so unterschreiben.
In Wohnungsinseraten sind derzeit größtenteils zwei Mieten ausgewiesen. Mieter sollten sich also im Klaren darüber sein, dass sie ein Risiko tragen, wenn sie den höheren Preis nicht beachten bzw. sich darauf verlassen, dass das Gesetz Gültigkeit behält. Können sie sich den Betrag der Schattenmiete eigentlich nicht leisten, kann das bedeuten, dass sie sehr schnell in eine Schuldenfalle geraten können.
Hilfe. Ich habe, alleinerziehend mit zwei Kindern, eine neue 3-Raum-Wohnung gefunden, die wir unendlich dringend brauchen und deswegen nehmen und auch alles dafür getan haben, sie zu bekommen, die aber eine Schattenmiete von 1200 und eine Mietendeckelmiete von 700 warm hat. Für mich bedeutet das also eine Differenz von 500 Euro im Monat haben oder nicht haben! In vier Jahren 25.000 Euro!!! Und was passiert, wenn der Mietendeckel ausläuft? Für den Fall will der Vermieter auf jeden Fall die 1200 haben. Ich habe Angst vor dieser Zeit! Und ich habe auch Angst, weil Frau Giffey gerade gesagt hat, dass sie den Mietendeckel nicht verlängern will. Hilfe!! Im Zweifel stehen wir dann vor der Obdachlosigkeit….