Besonders in größeren Städten ist der Mietspiegel ein maßgebliches Kriterium für die erlaubte Miethöhe. Eine Mieterhöhung über den Mietspiegel hinaus können Vermieter daher selbst dann nicht verlangen, wenn sie damit eine hohe Inflation ausgleichen wollen. Das hat das Landgericht (LG) München I jetzt in einem Hinweisbeschluss klargestellt. Doch wie viel Bedeutung hat der Beschluss bundesweit?
Stichtag für die Mieterhöhung?
Münchner Mieter können vorerst aufatmen. Das Landgericht München I hat in einem neuen Hinweisbeschluss den sogenannten “Stichtagszuschlag” bei Mietpreisen einen Riegel vorgeschoben.
Geklagt hatte eine Vermieterin, die infolge der ungewöhnlich starken Inflation der vergangenen Jahre die Mietpreise für ihre Wohnungen anheben wollte. Ihre Begründung: Zwischen der Erhebung des Mietspiegels und dem Zeitpunkt der Mieterhöhung habe sich die ortsübliche Vergleichsmiete so stark erhöht, dass ein Stichtagszuschlag auf die maximal erlaubte Miethöhe notwendig und angemessen wäre.
LG sieht keinen Grund für Mieterhöhung
Das LG sah die Sache aber anders und wies die Klage der Vermieterin ab. Dazu schrieb das Gericht in seiner Pressemitteilung:
“Das Landgericht München I wies darauf hin, dass sich eine „ungewöhnliche Steigerung der ortsüblichen Vergleichsmiete“ über den Mietspiegel hinaus nicht mit einem Anstieg des Verbrauchpreisindex begründen lässt.”
Pressemitteilung 9 des Landgerichts München vom 08.08.2024
Hintergrund ist, dass sich der Verbraucherpreisindex – auf dessen Grundlage die Inflation berechnet wird – aus rund 700 Gütern und Dienstleistungen verschiedener Art zusammensetze, die die Privathaushalte in Deutschland konsumieren. Spezifische Aussagen über die Mietpreise treffe er aber nicht und biete daher auch keine Grundlage für eine Mieterhöhung, die den Mietspiegel übersteigt.
Tatsächlich hat sich schon die Vorinstanz mit den konkreten Änderungen der Mietpreise im vorliegenden Fall befasst. Das Ergebnis: Die örtlichen Nettoklatmieten stiegen im fraglichen Zeitraum um gerade einmal etwas mehr als drei Prozent. Das Amtsgericht konnte also gar keinen ungewöhnlich starken Anstieg der Mietpreise feststellen.
Wegweisender Beschluss für München und darüber hinaus
Zumindest in München wird es vorerst keine Stichtagszuschläge für Vermieter geben. Immerhin ist das LG für alle mietrechtlichen Berufungsverfahren in der Millionenmetropole zuständig und kann seine Rechtsauffassung flächendeckend durchsetzen.
Aber auch außerhalb Münchens könnte sich die Argumentation der Landrichter verbreiten und zu ähnlichen Urteilen führen. Gerade in angespannten Wohnungsmärkten ist eine beruhigende Konstante wie der Mietspiegel wichtig, um bezahlbaren Wohnraum aufrechtzuerhalten. Das wissen auch Gerichte. Daher wird der Mietspiegelschutz auch in Zukunft eine zentrale Rolle bei der rechtlichen Betrachtung von Stichtagszuschlägen einnehmen – ob in München oder sonst wo.