BGB: § 313 kann Einfluss auf das Mietrecht haben
Um Verträge ändern oder auflösen zu können, bedarf es in der Regel besonderer Umstände sowie der Zustimmung aller Vertragsparteien. Dies ist auch im Mietrecht und somit beim Mietvertrag der Fall. Die behördlichen Maßnahmen während der Corona-Pandemie liefern für viele gewerbliche Mieter Gründe, Mietverträge anpassen zu wollen.
Hierfür ziehen sie üblicherweise § 313 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) als Begründung heran, da dieser Regelungen zur Störung der Geschäftsgrundlage beinhaltet. Doch liegt eine solche durch die Corona-Maßnahmen überhaupt vor? Im nachfolgenden Ratgeber erläutern wir, was unter einer Störung der Geschäftsgrundlage zu verstehen ist, welchen Einfluss das auf Mietverhältnisse sowie auf das Mietrecht unter Corona haben kann und welche weiteren gesetzlichen Regelungen in diesem Zusammenhang wichtig sind.
Das Wichtigste zum Thema „§ 313 BGB – Störung der Geschäftsgrundlage“
In § 313 BGB ist definiert, dass Vertragspartner bei einer Störung der Geschäftsgrundlage die Inhalte des betreffenden Vertrags anpassen bzw. über eine Anpassung verhandeln können. Bei einem Mietvertrag kann das zum Beispiel die Höhe der Miete sein.
Wann eine Störung oder ein Wegfall der Geschäftsgrundlage besteht, ist je nach Einzelfall unterschiedlich. Mehr dazu, wann im Mietrecht eine solche Störung vorliegen kann, lesen Sie hier.
Ja, gemäß § 7 EGBGB ist grundsätzlich von einer Störung der Geschäftsgrundlage wegen Corona auszugehen. Das bedeutet, gewerbliche Mieter können über die Anpassung des Mietvertrags verhandeln. Welche Möglichkeiten in diesem Zusammenhang bestehen, erfahren Sie hier.
Inhaltsverzeichnis
Störung der Geschäftsgrundlage: Was heißt das genau?
Da das Mietrecht zum Zivilrecht zählt, finden die Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) bezüglich des Vertragsrechts teilweise auch bei Miet- oder Pachtverträgen Anwendung, sofern keine eigenen Bestimmungen diesbezüglich im BGB festgehalten sind. Das trifft zum Beispiel auf die Vorschriften zur Geschäftsgrundlage zu bzw. auf jene zur Störung dieser.
Die Geschäftsgrundlage als Begriff und Prinzip spielt vornehmlich im Vertragsrecht eine wichtige Rolle. Hierbei handelt es sich zusammengefasst, um alle Vereinbarungen zwischen Vertragsparteien, die im Dokument festgehalten sind und auf deren Grundlage die vertragliche Beziehung basiert. Im Mietrecht bezieht sich dies auf die Inhalte des Mietvertrags. Dieser bildet also die Geschäftsgrundlage für das Mietverhältnis zwischen Mietern und Vermietern.
Fällt die Basis für den Vertrag durch zuvor unbekannte Umstände weg oder ändert sich derart, dass ein Fortsetzen des Vertrages in der bestehenden Form unzumutbar ist, wird dies gemäß § 313 BGB als Störung der Geschäftsgrundlage bezeichnet.
Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden […]
§ 313 Abs. 1 BGB
Wegfall der Geschäftsgrundlage: Unter diesen Voraussetzungen ist das Fall
Bei einer Störung der Geschäftsgrundlage können Vertragspartner die Inhalte des Vertrags nachverhandeln. In besonders harten Fällen ist eine Kündigung oder der Rücktritt vom Vertrag ebenfalls möglich.
Wann genau eine Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 BGB vorliegt, ist je nach Einzelfall verschieden. Es kommt auf die Inhalte des Vertrages an und in welcher Form diese als Grundlage des Vertragsverhältnisses gestört sind. Verschiedene Gerichte sowie auch der Bundesgerichtshof (BGH) haben in den jeweiligen Fällen anhand der spezifischen Sachlage entschieden, sodass pauschale Aussagen schwierig zu treffen sind.
Ein Beispiel für den Wegfall der Geschäftsgrundlage im Mietrecht hat der BGH in einem Urteil 2004 dargelegt (BGH, 7. Juli 2004, VIII ZR 192/03). Im benannten Fall wurde eine Mieterhöhung für unwirksam erklärt, da diese aufgrund einer zu hohen Quadratmeterangabe im Mietvertrag erstellt wurde. Die Angabe der gemieteten Fläche lag um 12,37 m² höher als die eigentliche Größe. Somit lag die gezahlte Miete bereits bei der ortsüblichen Vergleichsmiete und hätte nach der Erhöhung deutlich darüber gelegen.
Der BGH sah in der falschen Angabe der Quadratmeter eine Störung der Geschäftsgrundlage und gestand gemäß § 313 BGB dem Mieter das Recht der Nachverhandlung des Vertrages bzw. der Mietzahlungen zu, da eine Fortsetzung mit dem bestehenden Inhalt unzumutbar gewesen wäre. Die Anpassung des Vertrags ist in diesem Fall auch rückwirkend möglich, sodass dieser Mieter die zu viel gezahlte Miete zurückverlangen kann.
Störung der Geschäftsgrundlage: Bedeutung fürs Mietrecht unter Corona
Neben dem jeweiligen Einzelfall kann es auch vorkommen, dass in bestimmten Situationen grundsätzlich von einer Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 BGB auszugehen ist. Nach einer Gesetzesänderung im Dezember 2020 zählt eine pandemische Lage, wie sie unter COVID-19 besteht, zu eben solchen Situationen.
Um gewerblichen Mietern hier eine bessere Verhandlungsposition zu gewähren, hat der Gesetzgeber Art. 240 § 7 Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche (EGBGB) angepasst.
Aus dieser Änderung folgt, dass durch konkrete staatliche Corona-Maßnahmen bei allen gewerblichen Mietverträgen grundsätzlich eine Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 BGB zu vermuten ist.
Zu den Maßnahmen können unter anderem während der Corona-Pandemie Geschäftsschließungen, Zugangs- oder Ausgangsbeschränkungen zählen. Diese stören die vertraglich vereinbarte gewerbliche Nutzung der Mietsache entweder teilweise oder ganz.
Bei Wohnraummietverhältnissen wird eine solche Störung üblicherweise nicht festgestellt, da hier die vertragsgerechte Nutzung der Mietsache durch die Maßnahmen nicht beeinträchtigt ist.
Störung der Geschäftsgrundlage von Miet- und Pachtverträgen: Welche Mietsachen betrifft dies?
Betroffene Mietverträge sind auf Grundlage dieser gesetzlichen Vermutung einer Störung nun entsprechend anzupassen oder in besonderen Fällen auch zu kündigen. Das gilt für alle gewerblich genutzten Miet- und Pachtsachen wie z. B.:
- Ladengeschäfte
- Gastronomieeinrichtungen
- Kultureinrichtungen
- Werkstätten
- Betriebsstätten
- Produktionsstätten
- Büroräume
- Sportstätten (Sporthallen)
- Vermietete oder verpachtete Grundstücke (Gärten, landwirtschaftliche Flächen)
Wichtig in diesem Zusammenhang ist, dass die Mietsachen direkt von staatlichen Maßnahmen betroffen sein müssen und deren Nutzung nur erheblich eingeschränkt oder gar nicht möglich ist. Verhandeln Mieter aufgrund der gesetzlichen Annahme einer Störung über die Änderung des Mietvertrages, können sie eine solche Anpassung auch rückwirkend bis zum Beginn der Maßnahmen einfordern.
So sind durch die Störung der Geschäftsgrundlage aufgrund von Corona bei der Miete beispielsweise eine Minderung oder eine Stundung dieser eine Option. Auch möglich ist, dass Vermieter auch eine geplante oder vereinbarte Mieterhöhung für diesen Zeitraum verzichten. Welche Anpassungen erfolgen oder verhandelt werden, ist vom jeweiligen Einzelfall abhängig.
Achtung: Eine automatische Änderung der Vertragsinhalte gibt es nicht. Das heißt, Mieter dürfen ohne Einverständnis des Vermieters die Miete weder stunden noch senken oder den Mietvertrag anderweitig einseitig verändern.
Hallo.
der langjährige Mieter einer Gaststätte möchte seine Frau im bestehenden Mietvertrag
als gleichberechtigten Partner aufnehmen,
Kann ich als Vermieter den bestehenden Mietvertrag entsprechend ergänzen ?